Schostakowitschs Musiksprache
Schostakowitsch-Studien, Bd. 13
510 S.,
Wolke Verlag
Hofheim/Ts 2023
€ 49.00
Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken
686 S.,
zahlr. farb. Abb., geb.,
Wolke Verlag
Hofheim/Ts 2020,
€ 39.80
Schostakowitsch und die beiden Avantgarden des 20. Jahrhunderts
Schostakowitsch-Studien, Bd. 12; herausgegeben von der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft; 248 S., Pb., Wolke Verlag
Hofheim/Ts. 2019,
€ 32.00
Not, List und Lust
Schostakowitsch in seinem Jahrhundert.
Essays, Vorträge, Radiosendungen aus
drei Jahrzehnten.
280 S., Pb,
Wolke Verlag Hofheim/Taunus 2017,
€ 24.00
Protokolle eines Schülers
Der vollständige Unterricht der Abiturklasse eines deutschen Gymnasiums, herausgegeben und kommentiert von Bernd Feuchtner. 398 S., Vergangenheitsverlag
Berlin 2018,
€ 18.99
Rudolf Barschai
Leben in zwei Welten.
Der große Dirigent, Bratschist und Bearbeiter über das Moskauer Kammerorchester, Prokofjew und Schostakowitsch und das Musikleben in Ost und West. Aufgezeichnet von Bernd Feuchtner. 280 S., Abb., geb., Wolke Verlag Hofheim/Taunus 2015,
€ 29.00
Dimitri Schostakowitsch
Und Kunst geknebelt von der groben Macht
Künstlerische Identität und politische Repression. 1. Auflage: Sendler 1986, 2. Auflage: Bärenreiter/Metzler 2002, 3. Auflage: Wolke Verlag 2020, 336 S., Abb., Pb., € 28,00
Als Operndirektor, Journalist und Theoretiker hat Bernd Feuchtner eine Fülle von Opern des 20. Jahrhunderts kennengelernt und präsentiert. Die in diesem Buch vorgestellten Meisterwerke lassen den Leser die Zeit zwischen 1901 und 2000 noch einmal neu erleben.
Zweimal bekam Dmitri Schostakowitsch die Peitsche Stalins zu spüren, zweimal wurde ihm die Anwendung avantgardistischer Kompositionsmethoden und der Kontakt mit westlichen Komponisten verboten. „Formalismus“ und „Kosmopolitismus“ lautete 1936 und 1948 der Vorwurf gegen die sowjetischen Künstler. Wie Schostakowitsch darauf reagierte, mit Anpassung oder mit innerer Emigration, war lange umstritten. Die Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft, in der sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetmacht Musiker, Musikwissenschaftler und Musikfreunde aus Ost und West zusammenschlossen, hat in bisher 18 Symposien der Erforschung der Musik von Dmitri Schostakowitsch gewidmet. In diesem Band sind die Forschungsergebnisse der letzten beiden Tagungen gesammelt, die sich mit dem Bezügen zwischen Schostakowitsch und den avantgardistischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts beschäftigen. Unter der Lupe geben die Kompositionen oft erstaunliche Geheimnisse preis. Vladimir Gurewitsch analysiert die atonalen und dodekaphonen Elemente in der Ersten Klaviersonate und deren Nähe zu Hindemith. Adelina Yefimenko findet Parallelen zwischen den ersten Sinfonien von Schostakowitsch und des Ukrainers Boris Ljatoschinski. Gottfried Eberle zeigt den biographischen roten Faden in den „Aphorismen“ samt deren Nähe zur Todesahnung des letzten Streichquartetts. Gerhard Müller erzählt von der Verbindung der Vierten Sinfonie mit der Ermordung von Maxim Gorki. Bernd Feuchtner verfolgt die Entwicklung der Tanztypen von der Ironie zum Sarkasmus. Olga Dombrowskaja berichtet von dem seltsamen Fall der Lieferung absichtlich „dekadenter Avantgardemusik“ für einen Film. Brigitte Kruse untersucht das Missverständnis der Darmstädter Schule gegenüber Schostakowitsch. Johannes Schild analysiert die Verwendung von Zwölftonmusik im Früh- und im Spätwerk: Schostakowitschs Zwölftonfelder sind etwas anderes als Weberns Zwölftonreihen. Elisabeth Wilson geht Schostakowitschs Beziehung zu den italienischen Avantgardisten Maderna und Nono nach. Manuel Gervink schlägt eine Brücke von Wolfgang Rihm zu Schostakowitsch. Und vieles andere.
Verblendet durch Nationalismus und Rassismus, jagte das 20. Jahrhundert die Völker Europas in einen verheerenden Weltkrieg. Nur in Russland gelang es den Arbeitern und Soldaten, die Regierung zu stürzen und den Krieg zu beenden. In den meisten anderen Ländern verbündeten sich Industrie, Militär, Adel und Kirche mit dem Faschismus, um sich der organisierten Arbeiterschaft entgegenzustellen. Damit war ein zweiter Weltkrieg unausweichlich, der die Menschheit in noch größeres Elend stieß. Hatten die Künstler am Beginn des Jahrhunderts noch die Luft der Freiheit gewittert und die Tür zur Moderne aufgestoßen, wurde ihre Stimme im politischen Kampf immer schwächer. Faschisten wie Kommunisten sahen in den Künsten nur Mittel der Propaganda. Freie Kunst wurde mit härtesten Mitteln unterdrückt. Der russische Komponist Dimitri Schostakowitsch war beim Aufbruch der Avantgarde dabei und erhielt bei der Gleichschaltung der Künstler einen Schlag, der eine nie heilende Wunde hinterließ. Da er kein Kommunist sein wollte, wurde er unfreiwillig zum Zeitzeugen, der in seiner Musik die Wahrheit über das Leben in Russland aufzeichnete. Seiner wahren Musik standen seine offiziellen Äußerungen als Oberhaupt der sowjetischen Komponistenschule gegenüber, die dazu beitrugen, dass seine Musik westlich vom Eisernen Vorhang nicht verstanden wurde. Bernd Feuchtner wirft von verschiedenen Seiten ein neues Licht auf Schostakowitsch, wobei vor allem dessen Beziehung zu Musikern wie Britten, Mahler, Hindemith, Prokofjew, Strawinsky, Eisler und auch Theodor W. Adorno erhellend wirkt.
2018: Fünfzig Jahre sind vergangen. Die Schule hat sich verändert, aber der Kampf um die Deutung der damaligen Bildungsreform lebt wieder auf: Jetzt sind die 68er die Sündenböcke. Wenn über die Bildungsreform von 1968 debattiert wird: Hier sind Dokumente, die der Debatte eine sachliche Grundlage geben können. Ein Blick hinter die Klassenzimmertür, der einzigartig geblieben ist.
Rudolf Barschai war einer der legendären Musiker, die Russland nach dem Zweiten Weltkrieg hervorbrachte. Noch heute hat sein Name bei Musikfreunden einen guten Klang. Dimitri Schostakowitsch war der Leitstern seines Musizierens, bei ihm hatte er Unterricht, mit ihm hat er musiziert, er schuf die berühmte Kammerorchester-Fassung seines 8. Streichquartetts. Schostakowitschs 14. Sinfonie wurde für Barschais Moskauer Kammerorchester komponiert, der Zyklus seiner fünfzehn Sinfonien mit dem RSO Köln unter Barschais Leitung wurde zur Referenzaufnahme.
Barschai begann mit dem Geigenstudium bei Lew Zeitlin, dem legendären Professor am Moskauer Konservatorium. Zeitlin war Starschüler von Leopold Auer, des „Vaters“ der russischen Geigerschule. Der Österreicher Auer hatte die Schule der Wiener Klassik auf authentische Weise nach Russland vermittelt. Dass Lew Zeitlin auch mit Debussy befreundet war, lange in Paris musiziert hatte und mit der französischen Moderne vertraut war, verstärkte den kosmopolitischen Charakter der Ausbildung Barschais.
Noch während des Studiums begeisterte sich Rudolf Barschai so sehr für das Streichquartett, dass er von der Geige zur Bratsche wechselte, um ein erstklassiges Quartett gründen zu können. Er war Gründungsmitglied sowohl des Borodin- als auch des Tschaikowsky-Quartetts. Erfahrung im Orchester erwarb er sich ebenfalls schon während der Ausbildung, als er im Orchester des Bolschoi Theaters am ersten Bratschenpult spielte. Der Bratsche blieb er auch späterhin treu. So entstanden die berühmten Aufnahmen der Mozart’schen Sinfonia concertante mit David Oistrach, Geige, und Rudolf Barschai, Bratsche, und von Berlioz“ „Harold in Italien“ mit Rudolf Barschai als Bratschisten, während David Oistrach die Moskauer Philharmonie dirigierte.
Nach dem Tod von Schostakowitsch emigrierte Rudolf Barschai in den Westen und baute dort eine neue Karriere auf. Nun interpretiert er mit den großen Orchestern der Welt das klassische Repertoire von Bach und Mozart über Schubert und Brahms bis Mahler und Schostakowitsch in seiner klaren, Otto Klemperer verwandten Art. Er stand am Pult der Wiener Symphoniker und des London Symphony Orchestra, des BBC Symphony Orchestra und des Philharmonia Orchestra London, des Orchestre National de France und des Orchestre de Paris, des Deutschen Symphonieorchesters Berlin und des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, sowie vieler anderer Orchester in Europa, Asien und Amerika.
Barschai hat neben dem Interpretieren immer auch die kreative Arbeit gesucht, er hat komponiert, instrumentiert, bearbeitet, war stets auf der Suche nach neuen Klängen. In letzter Zeit entstanden Instrumentierungen weiterer Streichquartette von Schostakowitsch für kleines Orchester. Als letzte große Projekte konnte er seine Vervollständigung der 10. Sinfonie von Mahler und der Kunst der Fuge von J. S. Bach realisieren.
Und er war ein wacher Beobachter seiner Zeit. Schon als Kind musste seine Familie vor Stalins Schergen durch die halbe Sowjetunion fliehen. Die Bewachung seiner Tourneen durch den Geheimdienst trug er mit Humor, den Antisemitismus der Behörden registrierte er mit Unbehagen. In vielen Gesprächen mit Bernd Feuchtner schilderte der begabte Erzähler sein bewegtes Leben. So entstand ein Buch, das sich nicht nur spannend liest, sondern auch ein einzigartiges Dokument eines Zeitzeugen ist.
Diese einzigartige Schostakowitsch-Monographie liegt hiermit in einer dritten, leicht überarbeiteten Ausgabe vor. »Schostakowitsch wurde zum Zeitzeugen – die Sowjetunion ist untergegangen, aber seine Musik ist immer noch da, um davon zu erzählen. Lässt man sich nicht nur mit dem Herzen und mit den Ohren, sondern auch mit dem Geist auf Schostakowitschs Musik ein, erfährt man viel über Leben, Denken und Sehnen der Menschen in der ehemaligen Sowjetunion. Man spürt die Utopie und die verlorenen Illusionen, die Angst und die Hoffnung. Seine Kunst hat Geschichte in einer Weise festgehalten, wie Sprache alleine es nicht vermocht hätte. Ihre Größe aber zeigt sich darin, dass sie auch auf denjenigen Hörer wirkt, der von alledem nichts ahnt.« Bernd Feuchtner